Mein erster Lehrer, der mich hinsichtlich Aron HaKodesh – oder der Bundeslade – lehrte, war unser Rav Gadol, Indiana Jones. In dem Film „Jäger des verlorenen Schatzes“ (Raiders of the Lost Ark) lernen wir viel darüber: die Bundeslade ist mächtig, kann ganze Armeen umbringen, ist geheimnisvoll, ein bisschen ehrfurchtgebietend – und – liegt heute irgendwo in einer versteckten CIA Lagerhalle.
OK – vielleicht sind nicht alle dieser Punkte gemäß Torah. Aber in all dem liegt trotzdem ein Körnchen Wahrheit. Wir lesen in Parashat Terumah über das Bauen der Bundeslade, die Materialen, die Grösse usw. und dann erreichen wir . . .
(2 Mose 25:18-22) Dann mache zwei goldene Kerubim. Als getriebene Arbeit sollst du sie machen, an den beiden Enden der Deckplatte: 19 Den einen Kerub mache am einen Ende und den anderen Kerub am anderen Ende. Aus der Deckplatte sollt ihr die Kerubim herausarbeiten, an ihren beiden Enden.20 Und die Kerubim sollen Flügel nach oben ausbreiten und mit ihren Flügeln die Deckplatte beschirmen. Und ihre Gesichter sollen einander zugewandt sein. Zur Deckplatte hin sollen die Gesichter der Kerubim gerichtet sein.21 Und setze die Deckplatte oben auf die Lade, und in die Lade lege das Zeugnis, das ich dir geben werde.22 Dann will ich dir dort begegnen und mit dir reden von der Deckplatte herab zwischen den zwei Kerubim hervor, die über der Lade des Zeugnisses sind, alles, was ich dir für die Israeliten auftragen werde.
Moment mal . . . ist das nicht ein bisschen problematisch? Haben wir nicht vor zwei Wochen in Parashat Yitro gelesen, „Du sollst dir kein Gottesbild machen noch irgendein Abbild von etwas, was oben im Himmel, was unten auf der Erde oder was im Wasser unter der Erde ist.“ Es ist aber plötzlich OK Kerubim zu darstellen? Und darüber hinaus wird die Stimme G-ttes irgendwie von zwischen den Flügeln der Kerubim erscheinen? Ich weiß es nicht, ob die Bundeslade tatsächlich Kriegsheere umbringen konnte – und ich bezweifle, dass die CIA wirklich die Bundeslade besitzt. Aber sie ist tatsächlich ein bisschen geheimnisvoll und ehrfurchtgebietend und sogar mächtig. Was ist hier los?
Das erste, was ich zeigen will, ist die offensichtliche „Beziehung“ Referenz. Es gibt zwei Kerubim gegenüber voneinander – „ Und ihre Gesichter sollen einander zugewandt sein.“ Die Fluegel sollen sich zu einer Art Decke formen – d.h. sie strecken die Flügel zueinander aus. Zwei Wesen, die sich gegenüber stehen – eine interessante Metapher sowie eine einzige Vorstellung. Vielleicht noch interessanter im Sinne von „Beziehung“ ist die andere Beschreibung der Bundeslade. Im 2ten Buch der Chronik (3:13) lesen wir „Die Flügel dieser Kerubim maßen ausgebreitet zwanzig Ellen. Und sie standen auf ihren Füßen und ihre Gesichter waren dem Haus zugewandt.“ Das heißt – nicht zueinander.
Erklärung im Talmud beschreibt das Verhältnis der Kerubim in der Tat als eine „Beziehung.“ In Massechet Baba Batra (99a) lesen wir, wenn Am Israel den Willen G-ttes erfüllen würde, würden die Kerubim aufeinander stehen—wenn nicht, „waren [sie] dem Haus zugewandt.“
So, was können wir dann über den leeren Zwischenraum – von der aus irgendwie die Stimme G-ttes kommen wird – sagen. Ich möchte das mit Hilfe von zwei Darstellungen versuchen zu erklären. Erstens—es gibt eine Menge von Musikern hier. Die, die Musik lesen können, verstehen, dass eine Pause kein „Nichts“ ist. Es sieht genau wie „Nichts“ in der Musik aus – hier gibt’s Noten und hier – nichts. Aber dieses „Nichts“ zu spielen, ist genauso wichtig – manchmal wichtiger – als die Noten zu spielen. Diese Leere – eine Pause – ist ein Ding an sich – kein „Nichts“ sondern ein . . . „Etwas.“ Aber was?
Zweitens – wie sagt man „Ex Nihilo“ – „Aus dem Nichts“ – auf Hebräisch? Yesh m’Ayin. Aber Yesh m’Ayin ist besonders interessant in Judentum. Wenn ich sagen will „Hier ist etwas,“ oder „Ich habe es“ sage ich: „yesh.“ Yesh Shulkhan? (Ist hier ein Tisch?) Yesh! Yesh Siddurim? Yesh. Yesh Maspik Siddurim? (Sind hier genug Siddurum?) Lo. Eyn maspik. (Nein. Es sind nicht genug.) Ayin. Interessant aber ist, dass unser Wort für „es gibt kein“ – Eyn – Ayin – auch ein Name G-ttes ist. Eyn Sof – kein Ende – keine Möglichkeit zu sehen, hören, berühren, verstehen. Nichts. Ayin. Der G-tt der jenseits unserer Vernunft liegt—jenseits unserer Vorstellungskraft liegt. Der „Nihilo“ von dem alles was wir sehen können „ex“ ist.
So die Kerubim sind irgendwie eine Metapher für Beziehung und in dem leeren Zwischenraum gibt’s auch irgendwie einen Aspekt G-ttes?
Die Perspektive ist interessant. Stellen wir uns für einen Moment vor, dass Eyn Sof eine Art Person ist. Aus unserer Perspektive ist Eyn Sof „Ayin“ und wir sind „Yesh.“ Aber aus der Perspektive Eyn Sofs ist Eyn Sof „Yesh“ und wir sind „Ayin.“
Ok, dass ist sehr kompliziert und vielleicht zu philosophisch. Lasst mich alles anders formulieren. . .
Glaubt irgendjemand hier, dass er alle innersten Gedanken der Anderen hier verstehst? Nein? Was ist mit den Gedanken nur einer Person? Auch nein? Wie wär’s mit meinen eigenen Gedanken – verstehe ich alle meine eigenen innersten Motivationen? Ehrlich? Ich glaube auch – nein.
Aber wir stehen fast immer im Mittelpunkt unserer eigenen Perspektiven und kämpfen fast immer dafür, dass unsere Meinungen die richtigen sind – das unser Yesh die Yesh ist. In einer Beziehung ist es immer einfacher laut zu brüllen, wenn der Andere unsere Yesh nicht anerkennen kann oder will. Meine Yesh ist Yesh und deine ist Ayin – Eyn – Nichts.
Warum zwei Kerubim? Selbst wenn es uns nicht gestattet ist, so ein Abbild zu machen, versteht Torah – versteht unsere Tradition – dass wir nicht von nichts anfangen können. Wir brauchen Richtlinien und Bilder und Wikipedia und Supervision und manchmal Flügel von Kerubim, um uns zu zeigen, wohin wir schauen müssen – um zu zeigen was wirklich Yesh ist. G-tt redet vom „Nichts,“ weil dieses „Nichts“ eine Realität darstellt. Unsere Herausforderung ist stets sich daran zu erinnern, dass der Andere in einer Beziehung genauso Gültigkeit hat wie wir – wie ich. Mein Yesh ist nicht wirklich Yesh und deine Yesh muss ich respektieren – von der Leere muss ich versuchen die heilige Stimme zu hören – sonst wenden sich – langsam – die Kerubim – von unseren Beziehungen ab.
Eine Beziehung – Liebe, Freundschaft, zwischen Lehrer und Student oder Schüler ist mächtig und geheimnisvoll und ehrfurchtgebietend – deshalb gibt es so viel in der Torah um uns zu zeigen – uns herauszufordern – die Yesh der Anderen – dass heißt die Stimme G-ttes – zu hören und zu achten.
Shabbat Shalom.
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